Liebe GenossInnen und KollegInnen,
meine ursprüngliche Idee für diese Zusammenkunft war, eine Veranstaltung zur Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des revolutionären Unionismus am Beispiel der IWW, der Industrial Workers of the World zu absolvieren. Diese sollte in Kooperation mit der Zeitschrift „strike!“, einer Publikation, die sich die Unterzeile „Streitschrift für revolutionären Unionismus und Rätekommunismus“ gegeben hat, erfolgen.
Daraus wird leider nichts – und der Grund ist sehr einfach! Am 22. Mai des Jahres wurde ich als ein zu 3,5 Jahren Knast Verurteilter aus dem MG-Verfahren im Zusammenhang eines neuerlichen §129 Ermittlungsverfahrens kurzerhand von dem offenen in den geschlossenen Vollzug nach Tegel verlegt. Hier sind Türen und Tore tatsächlich so fest verriegelt und die Mauern so meterhoch, dass an ein Vorbeikommen und einen Vortrag nicht zu denken ist.
Mir bleibt an dieser Stelle nur, Euch das klassenkämpferische, internationalistische, grundsätzlich Grenzen und Schranken aufhebende Projekt des revolutionären Unionismus förmlich ans Herz zu legen.
Die 1905 in Chicago gegründete IWW hatte ihren aktivistischen und organisatorischen Höhepunkt vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg. In ihr sammelten sich vor allem jene, die von der etablierten sozial-chauvinistischen Gewerkschaftsbewegung ausgeschlossen waren und den engen berufsständischen Gedanken zugunsten einer egalitären Betriebsorganisation aufbrechen wollten. Frauen, afroamerikanische Menschen, Erwerbslose, Kinder, Natives of America traten der IWW bei, um dem Ideal der „One Big Union“ vor allem in Arbeitskämpfen näher zu kommen.
Die Geschichte der IWW ist gleichfalls eine von staatlicher Repression und Knastkämpfen. Auch in dieser Hinsicht darf ich mich dem revolutionären Unionismus stark verbunden fühlen. Zugegeben, heute ist die IWW weitgehend marginalisiert. Allerdings lässt sich seit einigen Jahren eine Aufwärtstendenz beobachten – in mehreren Ländern konnte sich der Industrie-Unionismus organisatorisch ausbreiten, so auch im deutschsprachigen Raum. In Berlin existiert seit eineinhalb Jahren eine Ortsgruppe der IWW, der ich aktiv angehöre. Also, keine Berührungsängste, klopft einfach mal bei den KollegInnen und GenossInnen der IWW an…