Mitte Februar 2007 sind im Rahmen der staatlichen „Operation Tramonto“ u.a. die beiden Protagonisten der Kommunistischen Partei – politisch-militärisch (PC-pm), Alfredo Davanzo und Vincenzo Sisi, verhaftet worden. Seitdem agieren die beiden als politische Aktivisten unter den spezifischen Bedingungen der Haft.
Mit diversen inhaltlichen Beiträgen und tagesaktuellen Stellungnahmen haben sie sich in die Auseinandersetzungen der proletarischen Klassenbewegung eingebracht. Sie haben damit das Signal gesetzt, dass die Inhaftierung keinesfalls bedeutet, politisch handlungsunfähig zu sein. Im Gegenteil, der Versuch einer politischen Deaktivierung läuft ins Leere, wenn man als politischer Gefangener nach vitalen Beziehungen in den Debatten und Praktiken der sozialen Bewegungen sucht.
Diese Kontaktstränge und Austauschprozesse wurden durch den italienischen Staat im September letzten Jahres gekappt, indem eine vollständige Zensur der Korrespondenzen gegen die beiden PC-pm-Militanten verhängt wurde.
Unter anderem reagieren die staatlichen Verfolgungsbehörden hiermit auf eine schriftliche Intervention unter dem Titel „Gegen die Repression – neue Standhaftigkeit!“ der beiden, in der die Potentiale an der „Knastfront“ ausgelotet werden. Die gefangenen Genossen hielten hierbei fest, „dass der Antiknast- und Antirepressionskampf im Verhältnis zur Rekonstruktion der revolutionären Kräfte weder sekundär noch subaltern bleiben darf.“ Es ist klar, auch auf dem Feld staatlicher Repression geht es um die Erringung und Erweiterung von politischen Spielräumen, um eine Entfaltung der Initiative. Ein Etappenziel ist es, Verbindungen und Gemeinsamkeiten zwischen einzelnen Populationen in den Knasten des kapitalistischen Klassenstaates zu finden und zu festigen.
Diese organisierte Einmischung von politischen Gefangenen wird nun seit Monaten durch die Repressalie der lückenlosen Zensur blockiert. Die Antwort der solidarischen Genossinnen vor den Anstaltstoren kann nur darin liegen, den Aufruf „Zu unserer Situation“ vom November 2013 von Vincenzo und Alfredo tatkräftig zu unterstützen, ihre und andere Textbeiträge „aus dem Widerstand im Knast“ zu verbreiten und zu diskutieren. Wir können als radikale Linke den Akt des Mundtotmachens neutralisieren, „indem wir genau das festigen und entwickeln, worin die Macht uns behindern will: die Kommunikation und die Debatte zwischen den Realitäten der Klasse, gefangene Militante miteinbezogen.“
Die Genossen Alfredo und Vincenzo verfügen über eine langjährige Erfahrung und stammen polit-biografisch aus den Reorganisierungsprozessen und Linienauseinandersetzungen der Organizzazioni Combattenti Comuniste (OCC) (Kommunistische Kampforganisationen) der 1980er Jahre. Sie haben sich immer in erster Linie als (inhaftierte) Aktivisten im Prozess des Aufbaus revolutionärer Strukturen gesehen und erst in zweiter Linie als Bezugspunkte der Solidarität.
Ich begreife meine Wortmeldung als ein Mittel, den gefangenen Genossen im italienischen Siano ein Stück ihrer veröffentlichten und öffentlichen Stimme wiederzugeben – ganz im Sinne des von der Kommission für den Aufbau der roten hilfe international (rhi) eingebrachten Vorschlags, wonach in der Perspektive „die Bedingungen für einen neuen Prozess der Zusammenführung der Kämpfe der revolutionären Gefangenen gekommen sind.“
Der Vormarsch des staatlichen Autoritarismus, der sich wie in einem Brennglas in den Knasten und Zwangsanstalten offenbart, erfordert als ersten Gegenschrift eine positionsübergreifende Sammlung politischer Gefangener. Selbst jedes punktuelle Durchbrechen der Zensur ist Ausdruck eines Moments dieses-Gegenschritts
Oliver Rast – § 129-Gefangener aus dem mg-Verfahren